Es ist zwar spassig seine Zeit auf dem Hinterrad zu verbringen, nur irgendwann kommt halt immer eine Kurve. Zur Erinnerung: KTM ist bekannt für Enduro- und Motocross-Maschinen, mit welchen man in extremer Schräglage in den ausgefahrenen Radspuren eines Geländekurses kehren und über Hügel fliegen kann. Nicht erstaunlich, dass die Duke R keine Probleme mit asphaltierten Kurven hat. Das Leergewicht von 149 kg, der breite Lenker und die langen Federwege erlauben es, die Maschine schneller als ein Playmobil-Motorrad auf die Seite zu legen, dazu hat man noch – im Gegensatz zu den Playmobil-Spielzeugen – den wundervollen Klang des Motors.
Enge oder langgezogene, schnelle Kurven, lange asphaltierte Geraden oder ein hügeliger Geländeparcours – nichts ist zu viel für den österreichischen Roadster.
Man wirft sich in die Haarnadeln wie ein brünstiger Stier auf die Kuh, fährt aus der Kurve auf möglichst wenigen Rädern und geniesst Mundwinkel, die bis zu den Ohren heraufgezogen sind. Wenn die KTM etwas wackelig unter der Belastung wirkt, hat sie noch ausreichend Vertrauen einflössende Stabilität und dies trotz einer aussergewöhnlichen Lebhaftigkeit.
Auch die Bremsen haben ein verblüffendes Potential. Zuerst sind die kolossalen Brembo M50 Bremsbacken am Vorderrad zu erwähnen, aber auch das ABS von Bosch 9M+ erlaubt ein Bremsen ohne ein Ausbrechen befürchten zu müssen. Das System verwaltet die Bremskraft gemäss der Schräglage des Motorrades. Das Hineinfahren in eine Kurve mit gleichzeitigem Bremsen ist so leicht, dass man dies fast einarmig – der andere Arm hinter dem Rücken versteckt – machen könnte. Die Bremsen und die Vordergabel geben sehr gute Rückmeldungen an den Fahrer, schade wenn man dies nicht zum Fahren auf dem Vorderrad benutzen würde. Hand aufs Herz: wieso zwei Räder benutzen, wenn eines genügt?
Die Flinkheit der Einzylinder wurde immer geschätzt. Meistens ging dies auf Kosten der Kraftentwicklung, was ein Handikap auf langen Strecken ist. Alle diese Vorwände werden vom LC4-Block der Duke vom Tisch gewischt. Man erreicht fast schon dämonische Geschwindigkeiten und man klebt an Hinterrädern, von auf dem Papier viel besser motorisierten Maschinen. Und dies mit Stil, denn die Duke R steigt im ersten und zweiten Gang ohne Mühe aufs Hinterrad, in den anderen Gängen braucht es etwas Hilfe von der Kupplung. Da man absolut keinen Windschutz hat und die Arme weit auseinander gespreizt halten muss, wird man allerdings sehr schnell von einer schnellen Gangart auf normale Geschwindigkeiten eingebremst.
Hält man sich zurück, spielt nicht den Dummkopf, versucht man nicht jedem zu zeigen, was man kann und trotzt nicht den Grenzen der Anziehungskraft (und des gesunden Menschenverstandes...), merkt man, dass die Duke, auf vielfältige Weise, auch eine zivilisierte Maschine sein kann. Die Nockenwelle wirkt als zweites stabilisierendes Element, was die Vibrationen entscheidend dämpft. Damit kann man trotz allem längere Fahrten in Betracht ziehen. Die mit 200 km angegebene Reichweite und der erstaunliche Komfort des hinteren Sitzes könnte einen zu Ausfahrten zu Zweit verleiten.
Die Anti-Schlupf-Regelung, das ABS und die verschiedenen Einspritzmodi erlauben das Fahren bei jedem Wetter. Die Duke wird mit diesen Hilfen zum Lamm. Ich zweifle allerdings daran, dass man lange der Versuchung des absurden Spasses an kleinen Kunststücken auf dem Motorrad wiederstehen kann. Die Duke 690 R ist eine richtige KTM, hauptsächlich aus Kunststoff gefertigt, mit der man extrem schnell beschleunigen kann, die immer in die Höhe steigen will und jedem Fahrer ein Maximum an Fahrspass vermittelt. Es ist wirklich schwierig, sachlich zu bleiben und mit Ernsthaftigkeit an den Lenker zu gehen...
Beeinflusst von der kindlichen Atmosphäre und an Filmhelden denkend, habe ich während der Testphase nachgedacht (ja das geht auch in einem lichten Moment), welches Motorrad ich welchem Filmhelden zuordnen würde. Die Triumph Street Triple R passte am besten zu Iron Man, die übermotorisierte S1000R wäre ideal für Superman. Aber die Duke 690 R ist gemacht für Deadpool! Ein Motorrad ausserhalb aller Grenzen, ausschliesslich gemacht für spassiges Herumgekurve ohne Rücksicht auf andere.
Um zu verstehen was ich meine, empfehle ich dir (falls nicht schon geschehen), Deadpool anzusehen und auch eine KTM Duke 690 R Probe zu fahren. Die Duke ist eine Maschine, die sich keinem Joch unterwirft, aber auch im täglichen Gebrauch eine gute Figur abgibt. Eine Maschine, die die Stimmung der verbittertsten Motorradfahrer aufhellt und die Sachlichkeit der Hartgesottenen in Frage stellt.
Ja, ich will meine Eigene. Sofort. Jetzt. GRRRRRR.