
Schon zu Beginn der Motorradsaison 2016 spielt Triumph auf drei verschiedenen Ebenen mit. Die Speed Triple erhielt eine komplette Überholung, die 1200 Explorer versucht möglichst viele Wünsche der Reisenden zu erfüllen und jetzt kommt eine Palette von fünf modernen Vintage-Motorrädern auf den Markt, die auf der Bonneville aufbauen.
Als ich diese neuen Motorräder bei der Vorpremiere letzten Oktober in London gesehen habe, war ich angenehm überrascht, wie Triumph es geschafft hat, sie zu erneuern, ohne das Konzept der Modern Classics zu verfälschen. Die T120 übernimmt am meisten Merkmale der ursprünglichen Bonneville: die Speichenräder, den Doppeltacho und den Auspuff mit der originalgetreuen Form. Die Thruxton dürfte schon bald das absolute Muss unter den sportlichen Vintage Motorrädern sein.
Der neue 1200 cm3-Motor ist vielversprechend. Das erhöhte Drehmoment bei tiefen Tourenzahlen steigert unsere Erwartungen. Dieser Motor markiert den Beginn der Ride-by-Wire Technologie, verschiedenen Fahreinstellungen und einer Antriebskontrolle. Eigentlich ein Frevel für ein klassisches Motorrad, man muss aber auch mit der Zeit gehen. Bei einigen leuchteten die Augen beim Anblick der Öhlins und Showa Teile der Thruxton R, andere konzentrierten sich ausschliesslich auf die zahlreich vorgeschlagenen Pakete zur Individualisierung. Die Briten haben uns bis zu diesem Tag auf die Folter gespannt um uns endlich die technischen Einzelheiten mitzuteilen.
Wie auch beim Porsche 911 müssen diese Motorräder Stolz zeigen, dass sie zur Familie gehören, dabei aber immer auf dem neuesten Stand der Technologie sein, um gegenüber der Konkurrenz eine gute Figur abzugeben. Die Modernen Klassiker haben ihrem Namen selten so viel Ehre gemacht und verkaufen sich ausgezeichnet. Die Bestellzahlen für die Bonneville bei den Triumph Vertretern beweist, dass sich die Geschichte der Nine T und des Scramblers wiederholt. Die in die Schweiz gelieferten Modelle werden die Nachfrage anfangs Saison noch nicht decken können.
Das Aussehen der T120 ist der originalen Bonneville am nächsten. Seit jeher trägt der Motor massgeblich dazu bei. Die in gebürstetem Aluminium gehaltene Ölwanne und ein paar Bronzeteile machen aus dem Motor der T120 eine Art Kunstwerk. Sie ist in drei Doppelfarben erhältlich: CranberryRed/Silber und Black/White, beide mit handbemalten Bordüren, dazu gesellt sich die Farbwahl JetBlack/CinderRed.
Der kugelrunde Einzelscheinwerfer wurde bei der Original Bonneville von 1959 kopiert, wird aber von LED-Leuchten untermalt, diese dienen gleichzeitig als Tagfahrlichter. Der Auspuff atmet das Erbe der Vorgänger. Zwei Rohre kommen aus beiden Zylindern und führen links und rechts am Motor vorbei und enden in der typischen Bonnevilleform. Der Schein trügt: unter dem Motor versteckt sich ein 2-1-2 Katalisator.
Bei der T120 Black unterbrechen nur einige gebürstete Aluteile das uniforme Schwarz des Motorrads. Die Auspuffanlage, die Speichenräder, die Haltegriffe für den Beifahrer, alles was dunkel sein kann, ist dunkel. Die grosszügige kastanienbraune Sitzbank hebt das Graphitschwarz hervor und bildet mit der zweiten Farbe, Glanzschwarz, einen schönen Kontrast.
Bei der Bonneville T120 gibt es eine lange Liste von serienmässig eingebauten Ausrüstungen. Als Beispiele zitiere ich: der unter dem Sitz versteckte USB-Stecker, der Zentralständer und die diskret integrierten, beheizten Handgriffe. Die Instrumentenanzeige steht dem Rest in nichts nach: in zwei zifferblatt-ähnlichen Scheiben sind zwei Nadelanzeiger, eine digitale Benzinanzeige und viele andere Informationen (Tages- und Gesamtkilometer, Uhrzeit, eingelegter Gang) und die eingestellte Antriebsart. Der „Info“-Knopf auf der linken Seite erlaubt das Navigieren im Menü der Antriebsarten, es kann auch ganz ausgeschaltet werden.
Mit der Einführung der Flüssigkeitskühlung in einem kleinen, gut integrierten Kühler und der Erhöhung des Hubraums, sollte gemäss Triumph eine maximale Leistung von 80 PS bei 6'550 U/Min und 105 Nm Drehmoment bei 3'500 U/Min zur Verfügung stehen. Eine willkommene Steigerung, die dem Fahrer ohne weiteres erlaubt, seinen Kollegen mit modernen Roadstern, zu folgen.
Auf der Strasse ist der drehmomentoptimierte Motor sanft zu bedienen. Wir fahren zuerst im „Regenmodus“, den morgendlichen Strassenbedingungen angepasst. Bei unsicherer Reifenhaftung zähmt die Antriebskontrolle den Schwung des Zweizylinders. Eine neue Welt öffnet sich sobald die Maschine auf „Street“ umgestellt wird.
Egal bei welcher Betriebsart, antwortet die T120 sofort auf den Gasimpuls. Reaktionsschnell und präzise verdient das Ride-by-Wire System eine spezielle Erwähnung. Über ungefähr 1'800 U/Min beschleunigt die Bonneville mit einem angenehmen, altertümlichen, etwas gedämpftem Brummen. Das mit der neuen Kupplung ausgerüstete Getriebe lässt sich ohne grossen Kraftaufwand bedienen. Die leichte Verzögerung sollte nach der Einfahrzeit verschwinden.
Die Bonneville ist überraschend komfortabel. Zwischen dem Sitz und der Federung , die eine spezielle Aufmerksamkeit der Entwickler erhielt, fühlt sich der Fahrer in einer natürlichen Sitzposition sehr entspannt. Natürlich ist man dem Fahrtwind ausgesetzt, das ist aber leicht auszuhalten. Die Beine des Fahrers sind der Wärmestrahlung des Motors nur gering ausgesetzt.
Nach der Präsentation im Theorieraum wartet die T120 nun darauf, uns auf eine kleine, gemütliche Ausfahrt zu begleiten. Sicher könnte man sie aggressiv in die Kurven werfen, nur spürte ich ein leichtes Zögern beim Steuern in der Schräglage. Die beiden Kunststoffpuffer am Benzintank halfen mir, das Vertrauen zu finden, besonders auf sehr kurvenreichen Strassen. Eine Bonneville zu fahren ist etwas Besonderes, es brauchte etwas Zeit um sich an sie zu gewöhnen und auch Spass zu haben.