Die Presse wurde von Ducati auf die Rundstrecke von Castelloli in den Ausläufern des Berges Montserrat bei Barcelona zitiert. An und für sich hat diese Rundstrecke keine besonderen Eigenschaften, sie sieht einer normalen Strassenstrecke gleich aber ohne den normalen Verkehr und gefährliche Hindernisse.
Das Tempo wird leider vom Wetter diktiert. Nachdem die Hyper’ mit Heizdecken auf den Reifen aufgereiht worden sind und auf den Einsatz warten, kam der erste Regenschauer und zu allem Pech fing es auch noch zu hageln an. Es fehlte nur noch der Schneefall um die Wetterpalette komplett zu machen. Vorausschauend wurden die Hyper’ mit Regenreifen ausgerüstet, die eine viel bessere Bodenhaftung als ein normaler Strassenreifen bieten.
Während einer kurzen Einführung treten wir Journalisten ungeduldig von einem Fuss auf den anderen. Jeder wollte so schnell wie möglich auf den hohen Sitz mit dem stolzen Stockmass von 890 mm steigen und die verschiedenen Einstellungen für die wenigen Runden ausprobieren. Wegen den speziellen Wetterbedingungen wurde die Federung etwas weicher eingestellt und bei der Antriebskontrolle wurde der Modus WET (bei voller Kraftentwicklung) gewählt. Bei diesem Modus ist die Antriebskontrolle auf 7 und das ABS auf 2. Da die Strecke wassergetränkt war, sicher keine schlechte Wahl.
Meine ersten Eindrücke am Lenker der SP: komfortabel, Sitzstellung ziemlich gerade, Griffe liegen gut in der Hand..., aber mein Gott ist sie hoch. Trotz meiner 174cm berühre ich den Boden nur knapp mit den Fussspitzen. Jetzt wird mir bewusst, dass die Hypermotard dem Charakter einer Supermoto sehr nahe kommt. Glücklicherweise ist sie ein Fliegengewicht und das Risiko eines Gleichgewichtsverlustes eher gering.
Nach einer ersten langsamen Erkundungsrunde fahren wir zurück an die Boxen. Anschliessend wird in regelmässigen Abständen gestartet. Aber Vorsicht: die Strecke ist sehr nass und Rinnsale fliessen in den Kurven über den Asphalt. Die Einführungsrunde liess uns auch den Charakter des Motors bei tiefen und mittleren Drehzahlen spüren. Unter 4'000 U/min wirkt er etwas grantig, also versuche ich darüber zu bleiben, zumindest bis 7'000 U/min. An die ruckartigen Reaktionen beim Gasgeben muss man sich bei allen Gangarten gewöhnen. Gemäss Auskunft eines anwesenden Motoreningenieurs ist das Problem bekannt und sollte bei einer der nächsten Aktualisierungen der Motorsoftware behoben werden.
Ich begebe mich also auf die Strecke. Ich lasse die Kupplung bei voll aufgedrehtem Gasgriff schleifen und lasse das Vorderrad leicht abheben. Der Wheelie-Effekt wird sofort vom ABS unterbunden. Zweiter, dann dritter Gang, welche Beschleunigung und dies mit „nur“ 113 PS. Die Beschleunigung ist gleichmässig, der Motor liefert nicht spontan, wie bei anderen Zweizylindern erlebt, eine Unmenge von Drehmoment im dümmsten Moment. Dies weiss man, besonders bei solchen Wetterbedingungen, zu schätzen.
Die (nicht zertifizierte) Termignoni-Linie mit Titan/Karbon Auspuff, die bei der Test-SP montiert ist, bietet ein angenehmes Fahren. Bei voller Beschleunigung knattert es richtig laut und lässt man den Gasgriff los, ratterts. Das richtige Renn-Feeling! Für die drei „Riesen“, die die ganze T-Linie kostet, ist dies sicher nicht zu viel verlangt.
Die erste Kurve kommt auf mich zu. In leichter Schräglage und mit schlechtem Blickwinkel ist meine Streckenwahl nicht ideal. Nicht weiter schlimm, ich ziehe die Bremse. Die Öhlins-Gabel senkt sich und dämpft die Verlangsamung. Die Bremsen sind bissig und unerbittlich. Danke Brembo. Trotz des breiten Lenkers der Hyper’ bleibt die Steuerung sehr präzise. Gleichzeitig bewegt sich das Hinterrad etwas von links nach rechts. Das Blockieren des Rades wird aber durch die Anti-Dubbing Kupplung verhindert.
Ich verschiebe meinen Körper nach innen um an die Innenlinie der Kurve zu kommen. Die Hypermotard ist hoch, sehr hoch, zumindest für meine Statur. Die Fussrasten sind noch sehr weit vom Boden entfernt. Während andere Fahrer sich im Stil Supermotos versuchen, ich sitze wo ich sitze und nur der Oberkörper geht mit, beharre ich auf dem Verschieben des Körpers. Ich versuche dadurch weniger Masse auf die Reifen einwirken zu lassen, die schon jetzt alle Mühe haben, genügend Halt auf dem Asphalt zu finden.
Als ich schlussendlich die Innenlinie finde, bleibt mir nur noch das Beschleunigen. Beim sanften Hochdrehen des Gasgriffes spüre ich ein leichtes, ungefährliches Rutschen des Hinterrades, was aber sofort von der elektronischen Antriebskontrolle registriert wird. Bei den misslichen Wetterbedingungen führt das spontane, volle Aufdrehen des Gasgriffes unweigerlich zum Desaster. Unter dem Adrenalineinfluss kam ich mehrere Male in diese Lage, wurde aber glücklicherweise jedes Mal von der Antriebskontrolle auf die gerade Bahn zurückgebracht.