Alle diese Entwicklungen, begleitet von lebhaften Farben, machen die CB und die CBR interessant. Beim Morgenessen tauschen wir unsere Erfahrungen mit der anderen Gruppe aus. Anschliessend macht sich unser Team mit den Schweizer Motorradjournalisten und einer Gruppe Spanier mit der CBR auf den Weg.
Die morgendliche Kälte ist beim Zickzackfahren auf reizvollen Nebenstrassen schnell vergessen. Leider wird uns von weniger geübten Kollegen, ein nicht gerade rasanter Fahrstil aufgezwungen. Trotzdem erkennt man, dass die CBR eine ausgezeichnete Strassenhaltung hat und mit unglaublicher Leichtigkeit zu handhaben ist. Zum Bummeln bei mittleren Drehzahlen hat sie genügend Drehmoment und der Klang des Zweizylinders überdeckt glücklicherweise das Hupen der Hondainstruktoren nicht , die das Tempo erhöhen möchten. Aber kaum haben wir einen höheren Rhythmus gefunden, ist es schon Zeit für eine Kaffeepause.
Nach kurzer Zeit geht’s zum Photoshooting auf einem grossartigen Streckenabschnitt, „Strasse der 600 Kurven“ genannt. Dementsprechend ist der Andrang: alle Motorradfahrer Südspaniens und unsere spanischen Journalistenkollegen befinden sich hier. Auf einem etwas weniger befahrenen Teilstück lassen wir die Pferde galoppieren und bringen die gewünschten Fotos in die Kamera. Honda legte grossen Wert auf die Vermittlung von Vertrauen am Lenker dieser Maschinen. Ich erinnere mich daran, weil die Fussraste der CBR in der vierten Kurve der Steigung ihre Spuren hinterlässt. Apropos Vertrauen, das nenne ich Vertrauen!
Die Neutralität des Motorrades – es macht genau was ich will – lässt mich die CBR500R ohne Hintergedanken um die Ecken jagen. Die Dunlop D222 erledigen ihren Dienst mit Verlass und schon bald legen wir uns mit Elan in extreme Schräglagen. Der Motor gibt etwas zwischen Grollen und Brummen von sich. Die kleine Honda lässt sich nicht in hohen Drehzahlbereiche treiben, zwischen 6'000 und 8'000 U/min zieht sie gut und hat einen schönen Ton.
Die Honda erweckt den Eindruck einer grösseren Maschine und das Chassis sträubt sich nicht gegen forciertes Fahren. Die Vorderbremse fühlt sich etwas schwammig an, bringt aber die 194 kg gut zum Stillstand; eine gute Leistung, die – falls nötig – zusätzlich von der Hinterradbremse unterstützt wird. Die Federung beginnt bei starkem Forcieren zu wackeln, was aber nach dem Anpassen der Parameter verschwindet. Eigentlich hätten wir öfter anhalten sollen, um die Einstellungen zu verändern, damit wir alle Facetten des Motorrads erfahren hätten. Die vorgegebenen Einstellungen des Chassis waren aber zu keiner Zeit gefährlich oder hinterhältig.
Während wir am Morgen das gesunde Verhalten der CBR schätzen lernten, können wir die Geschwistermaschine am Nachmittag nicht mehr fordern. Der Regen, der während des Mittagessens anfing, verliess uns nicht mehr bis zum Abend. Eingewickelt in unseren Regenausrüstungen schlichen wir nun auf der CB hinter den, durch den Wolkenbruch verängstigten Kollegen, durch die Kurven. Dank seinem grossen Lenker und den 4 kg weniger Gewicht, wirkt die CB agiler als die CBR.
Ohne die schützende Verschalung der CBR, (er)tränkt uns der Regen. Die Windschutzscheibe ist etwas tief und schützt nicht genügend vor Windwirbeln. Nichts von all dem bei Roadster: man fühlt sich wohl und sicher, der Fahrspass wird vervielfacht. Wir hingegen sind total durchnässt und der Regen verstärkt sich nochmals. Die Honda-Leute entscheiden, das Fotoshooting zu annullieren, damit wir unsere Rundstrecke von 175 km so schnell wie möglich beenden können.
Durchnässt bis auf die Knochen und total verdreckt, kommen wir auf etwas bessere Strassen, was uns das Schwimmbad in unseren Schuhen und unsere durchtränkten Handschuhe etwas vergessen lässt. Dank ihrem Temperament verlieren wir aber unser Lächeln nicht. Das gutmütige Verhalten der CB lässt uns gesund und sicher – immer noch tropfend – die Hoteleinfahrt erreichen.
Trotz des verkürzten Testtags kann ich bezeugen, dass Honda berechtigterweise die Messlatte für diese Maschinen hoch angesetzt hat. Beide sind sehr gut gelungen, beide haben das gewisse zusätzliche Etwas, das von uns Motorradfahrern gesucht wird, von Honda aber nicht immer geliefert wird. Wir kennen die Ernsthaftigkeit und die stete Sorge von Honda, ein Produkt zu entwickeln, das sehr gut im täglichen Gebrauch ist, der Hauch des Verrückten oder des Nervenkitzels wird leider oftmals vergessen. Ich begrüsse bei den beiden 500er-Geschwistern gerade diese kleine Prise Schalkhaftigkeit.
Mit der ansehnlichen Leistung und einer Qualität, die vergleichbar mit Motorrädern grösseren Kalibers ist, sollten die beiden Räder in der Schweiz ihren Platz auf dem Markt der A2-Kategorie finden.
Die gestählten Motorradfahrer höheren Alters werden nicht unbedingt angesprochen. Hingegen zeigt die Entwicklung bei Honda, dass die Japaner dem Fahrspass nicht mehr abgeneigt sind und neue Ideen, den Markt zu überzeugen, vorhanden sind. Es ist Zeit, dass Honda die ausgetretenen Pfade verlässt und etwas Neues versucht. Wir freuen uns darauf.