
Die von Honda vorgelegte Steigerung der Leistung ist nicht zu vernachlässigen. Die Ingenieure haben mit dem 999,8 ccm Sechzehn-Ventil-Motor eine Meisterleistung erbracht und erfüllen die strenge Euro4-Norm. Auch hier konnten ein Paar Gramm Gewicht gewonnen werden, sei es bei den Ventilabdeckungen, bei der Kupplungs- und Zündungsgehäusen oder bei der Ölwanne, die alle aus Magnesium gefertigt sind. Dies ist aber noch nicht das Ende der Fahnenstange: der Motor wurde mit neuen Kolben, neuen Ventilen, neuem Benzineinlass mit 48 mm Durchmesser und einer neuen Luftansaugbox ausgestattet. Nicht erstaunlich, dass die Leistung um 14 PS gesteigert werden konnte und jetzt stolze 192 PS und ein Drehmoment von 116 Nm angezeigt werden. Zusammen mit der Reduktion des Gewichts um 15 kg, haben wir ein mehr als erstaunliches Gefährt.
Der von Honda neu entwickelte Up/Down-Shifter ist bei der Fireblade nur als Option erhältlich. Wieso nur? Es ist wirklich schade, dass Honda ein solch nützliches und komfortables Instrument für den Strassengebrauch, aber auch auf der Rennstrecke, das auch noch extrem reaktiv funktioniert, nur gegen Aufpreis anbietet. Ich nehme an, dass Honda den tieferen Katalogpreis angeben will, um in diesem sehr umstrittenen Marktsegment, nicht negativ aufzufallen. Die Technologie 2.0 im Dienste des Normalsterblichen!
Mit der neuen CBR bestätigt Honda das Eintreten in die Welt der neuen Technologien. Das „Total Control“-Konzept in Reinkultur und dabei wurde nichts vergessen um das Ziel einer umfassenden Kontrolle zu erreichen.
Die Japaner haben sich dafür mit Bosch zusammengetan. Die Deutschen lieferten also den neuen Beschleunigungs- und Gyro-Sensor MM5.10 mit 5 Achsen (IMU), der es den verschiedenen Unterstützungselementen erlaubt untereinander zu kommunizieren und jedes Element sich deiner Fahrweise und deinen Einstellungen anpasst. Das Resultat ist eine Maschine, die viel verzeiht, sofern alles gut und richtig eingestellt ist. Ich gebe zu, dass dies in einer Beschreibung etwas kompliziert daherkommt.
Ich hoffe, dass die untenstehende Tabelle Licht ins Dunkel bringt:
Hoffentlich hast du bis hierhin durchgehalten, denn jetzt kommt was eigentlich jeder erwartet, der Fahrbericht:
Die Motorräder sind vor uns aufgereiht, ähnlich einer Militärparade, bestückt mit Heizdecken an den Füssen und die Motoren bereits am Drehen. Fehlen nur noch die Fahrer: Journalisten, die meistens auch Amateurpiloten sind und gestandene Rennfahrer. Neben mir befinden sich ein Paar „unbedeutende“ Fahrer mit Namen: Dominique Aegerter, Stefan Bradl, Freddie Spencer und andere mehr. Genügend Druck, das Motorrad zu beherrschen und nicht wie der Trottel der Klasse dazustehen.
Die ersten beiden 20 Minuten-Sessionen auf der 4.6 km langen Strecke wurden auf der Fireblade, ausgerüstet mit den originalmontierten Bridgestone S21, absolviert. Die Elektronik wurde von den Ingenieuren mit Modus 2 (siehe Tabelle) vorgegeben.
Auf der für mich unbekannten Strecke reihe ich mich hinter Freddie Spencer ein, ein Pilot der einige Rennen in seiner „kleinen“ Karriere hinter sich hat. Nach jeder Runde fühle ich mich auf diesem Wunderwerk der Technik wohler und ich geniesse die schöne Strecke. Nicht zuletzt Dank dem Motorrad, an das man sich extrem schnell gewöhnt, kämpfe ich nicht gegen die Strecke, sondern kann sie erleben. Das Vertrauen in die Maschine kommt schon nach wenigen Runden und erlaubt mir ohne viel Federlesens eine unglaubliche Zeit hinzulegen.
Im Vergleich zu meiner eigenen Rennmaschine (CBR Vorgängermodell) bin ich beeindruckt von der Präzision und Feinheit der Manöver, verursacht auch durch das tiefere Gewicht. Das Motorrad ist so viel einfacher zu bedienen und viel agiler, was mir das Gefühl gibt auf einem Rennrad zu sitzen.
Runde um Runde erhöhe ich den Rhythmus. Der überarbeitete Motor ist zeigt seine Unterschiede: mehr Drehmoment schon bei tiefen Drehzahlen, scheinbar unbegrenzt nach oben. Die Gerade vor den Boxen wird im 3. Gang mit fast 200 km/h passiert, anschliessend kommt die lange Gerade. Es zieht an den Armen, am Nacken (fehlender Windschutz), ich versuche mich so klein wie möglich zu machen, die Gänge fliegen, unterstützt durch den Shifter, vorbei. Vierter, fünfter, sechster Gang, ich nähere mich rasant dem Schild 250 Meter und ...erreiche 280 km/h und dies mit der Basis-Fireblade. Es folgt eine starke Bremsung, zurück in den 3. Gang, das Motorrad behält seine Linie ohne zu wackeln und wirft sich in die drei folgenden Rechtskurven. Kein Rutschen, kein Ausbrechen, nichts. Was für ein Erlebnis. Die muss doch zu aus dem Rahmen zu werfen sein. Auf der Höhe der Kurve beehrt sie mich, trotz der elektronischen Kontrolle, mit einem Wheeling, stellt aber gleich wieder auf „Total Control“ zurück, anschliessend kommt eine lange, leicht steigende, schräge Linkskurve... und hier kommt das Hinterrad leicht ins Rutschen. Die Bridgestone S21 sind an ihrer Limite angelangt, die Traction Control hingegen wird aktiviert und lässt mich schon kurz vor dem Scheitelpunkt der Kurve beschleunigen, was mich mit dem kleinen Rutscher noch schneller aus der Kurven fahren lässt. Ich fühle mich fast wie ein Moto2- oder GP-Pilot.
Die folgenden Kurven geben die Gelegenheit die Ellbogen auf dem Asphalt zu reiben, wie es sich gehört um beeindruckende Foto für unsere Leser zu veröffentlichen. Ja, wir sparen eben nicht bei den Ausgaben für den Ellbogen- und Knieschutz.
Zurück in den Boxen stürzen sich eine Horde von Honda-Technikern auf uns und stellen betreffend unserem Fahrgefühl die Fragen im Dutzend.
Die Zeit ist gekommen um den Modus 1 zu testen, das aggressivste was das Motorrad im automatischen Modus hergibt. Selbstverständlich findet man noch höhere Gefühlsausbrüche bei den individuellen Einstellungen (User 1 & 2).
Mit dieser Einstellung ist das Motorrad noch leistungsstärker, erlaubt noch extremere Fahrsituationen. Die Reaktion auf den Gasimpuls ist noch lebhafter, die Schlupfregelung greift weniger ein, und die Traktionskontrolle ist quasi inexistent. Kurz gesagt, Spass pur. Man ist nicht schneller in der Kurve, aber sie kommt schneller und verlässt sie auch rasanter. Auf der Geraden zeigt sich die enorme Kapazität des Motors, der den Schnauf bis zum letzten Zacken nicht verliert. Am Ende der langen Geraden zeigt der Tacho mit 292 km/h noch etwas mehr als vorher an.
Die Bodenhaftung der Bridgestone-Bereifung S21 gibt nach 3-4 Runden nach und zeigt klar seine Limiten. Das Rad dreht beim Beschleunigen durch und beim Bremsen stellt sich die Maschine trotz der Elektronik quer. Mit einer zweckmässigeren Bereifung (z.B. dem RS10 von Bridgestone) würde es ganz anders aussehen. Im Gesamten gesehen war das Motorrad immer beherrschbar, zeigte nie zu viel Aggressivität oder Unbändigkeit, fast Schweizerisch: neutral.