
Der Can-Am Spyder ist zuallererst ein Produkt das Spass machen soll. Etwas das man sich hauptsächlich zulegt, um sich eine Freude zu machen oder um ein sich eigenes Bedürfnis zu decken. Wahrscheinlich antworten sie mir: „Bedürfnis? Welches um Himmelswillen?“ Tja, das könnte zum Beispiel sein das man ein Motorrad möchte, ohne eine zusätzliche Fahrprüfung abzulegen. Oder, man hat nach unzähligen Kilometern auf zwei Rädern ganz einfach Lust auf mehr Komfort bei Motorradreisen.
Der Hersteller ist bei dieser Diskussion ganz offen mit ihrer Aussage: „Ein Spyder ist für den täglichen Pendlerverkehr nicht geeignet.“ Man ist dem Wetter ausgesetzt und es ist unmöglich sich zwischen den Autos durchzuschlängeln, sind einige der ersten Vorbehalte der Motorradfahrer. Schauen wir einmal darüber hinweg. Diese Art Vorwärtskommen ist etwas ganz Neues, etwas das man anderswo nicht finden wird. Deswegen erstaunt es nicht, dass im Jahr 2015, 93% er Käufer sehr zufrieden waren mit ihrer Anschaffung.
Ich schreibe hier von den Modellen F3-T und Limited – zwei neuartige Fahrzeugtypen – die ein Teil der Spyder Familie darstellen. Als Power Cruiser bezeichnet, werden sie zwischen den Modellen Sport Tourist und Sport angesiedelt. Ausgestattet mit grossen, fix montierten Seitenkoffern und einer halbhohen Windschutzscheibe, versteckt sich hinter dem Power Cruiser eine muskulöse Reisemaschine.
Die neuen serienmässigen Ausrüstungen sind vielfältig. Als erstes fallen die enormen Stauflächen mit einem Gesamtvolumen von 78 Litern auf. Einer befindet sich vor dem Fahrer und fasst problemlos einen Integralhelm, zwei weitere Stauflächen sind in den seitlich angebrachten Reisekoffern zu finden. Die beiden Rückspiegel, etwas grösser und vor allem eleganter als im Vorgängermodell, sind neu in der Karosserie integriert. Der Windschutz wurde optimiert, um den Luftzug an den Kopf zu vermindern. Er passt sehr gut in das Gesamtbild, ohne zu wuchtig zu wirken. Bei der Federung wurde vorne ein Sachs Big Bore Stossdämpfer und hinten eine manuell einstellbare Sachs-Luftfederung gewählt.
Die Limited-Version ist noch etwas komfortabler ausgestattet: heizbare Handgriffe und richtige Fussplatten anstatt einfache zylindrische Fussrasten. Ausserdem hat Can-Am an die langen und oft monotonen Reisen gedacht und hat ein auf UKW-Radio basierendes Audiosystem mit 4x20W Lautsprechern eingebaut. Das iPhone kann über ein USB- oder Mini-Jack-Kabel angeschlossen werden. Hingegen ist bei diesem Radio keine Bluetooth-Verbindung möglich.
Mit dem UFIT genannten System kann jeder Fahrer eines F3, die ihm angepasste Fahr- und Sitzstellung anpassen. Es gibt drei verschiedene Lenker und fünf verschiedene Abstände für die Fussrasten, damit jeder, ob 160cm oder 190cm gross, seine ideale Abstimmung finden kann. Eine Anpassung kann mit den dazugehörenden Werkzeugen in ungefähr 10 Minuten geschafft werden. Dazu kommt das Abnehmen der Knöpfe am ursprünglichen Lenker und das Wiederanbringen am neuen Lenker.
Bevor wir mit dem ungewohnten Fahrzeug in die freie Wildbahn entlassen wurden, hatte Can-Am eine Gesamtvorstellung mit einem kurzen Fahrtraining, damit man sich mit den Gegebenheiten dieses ungewöhnlichen Dreirades vertraut machen konnte, vorgesehen. Dabei wurden die verschiedenen Instrumente Revue passiert: rechts, der Startknopf, der Stromkreis-Unterbrecher und der Tempomat, links, vier Richtungsknöpfe, sowie SET und Modus, dazu der Lichtschalter, die Hupe und der Schalter für den Blinker. Beim Starten des Motors muss jedes Mal mittels des Modus-Knopfes quittiert werden, dass man die Informationskarte betreffend der Fahrsicherheit gelesen hat. In Tat und Wahrheit habe ich diese Karte nie zu Gesicht bekommen, obwohl uns die Instruktoren mehrmals darauf aufmerksam gemacht hatten.
Beide Spyder, sowohl der F3-T, sowie der Limited werden nicht mit manuellem Getriebe angeboten. Sie sind mit einer elektronischen, halbautomatischen, mit Luftdruck unterstützten, Kupplung ausgestattet. Mit kleinen Hebelknöpfen, die mit dem Daumen und Zeigfinger der linken Hand bedient werden, muss der Fahrer die Gänge heraufschalten. Falls gewünscht, kann er auch runterschalten, was aber normalerweise vom Getriebe selbst gemacht wird. Speziell ist auch, dass es keinen Bremshebel am Lenker hat. Gebremst wird ausschliesslich rechtsfüssig mit dem Bremspedal. Beim ersten Bremsen suchten unsere Finger vergebens im Leeren nach einem Hebel.
Genau für solche Dinge ist die praktische Einführung durch die Instruktoren unerlässlich: zwei Bremsungen bis zum totalem Stillstand, eine 180°-Wende, ein Slalom und einmal Zurücksetzen standen auf der Menükarte. Nichts schwieriges, eine kurze Minute auf einer vorgegebenen Strecke sind genug um sich auf dieser Maschine wohl zu fühlen, insbesondere da ich bisher erst während 20 Minuten die Gelegenheit hatte einen Spyder zu fahren. Das erste vorsichtige Bremsen zeigt, dass die Bremsen sehr effektiv Greifen und man sofort zum Stillstand kommt. Beim zweiten Mal stehe ich voll auf die Bremse, wobei sich sofort das ABS aktiviert und die Maschine sich leicht nach vorne neigt. Jetzt weiss ich was mich bei der anschliessenden Fahrt erwartet.
Bei der 180°-Wende wird man sich bewusst, dass der Körper in den Kurven verschoben werden muss, damit der Lenker bis zum Anschlag gebracht werden kann. Der Slalom dient dazu, dass man sich der Breite des Fahrzeuges bewusst wird, aber auch wie präzise sich die Räder auf einen Bordstein platzieren lassen. Wenn man sich all dem bewusst ist, sollte das Ausnutzen der ganzen Strassenbreite beim freien Fahren kein Problem mehr sein. Sobald man verstanden hat, wie der Rückwärtsgang eingelegt werden kann, ist das Zurücksetzen eine reine Formalität.